Montag
Ihr meine Lieben zuhause!
Einige von euch warten schon auf weitere Nachrichten. Die letzten Tage waren sehr anstrengend (viele Termine und Begegnungen). Morgen erhaltet ihr weitere Infos, von Tränen am Telefon, versemmelten Terminen, unserer neuen Unterkunft, die mit viel Leben gefüllt ist, tollen neuen Menschen, die unser Projekt unterstützen werden.
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Wie schon heute morgen geschrieben, waren die letzten beiden Tage sehr anstrengend. Der nachfolgende Text könnte also auch für euch anstrengend bis langweilig werden, aber wie in jeder Reise gibt es auch mal wenig spektakuläre Tage. Sonntag und Montag hatten wir viele Treffen. Wir müssen in diesem fremden Land viel über die Gesetze und Vorschriften erfahren. Deshalb waren die Begegnungen sehr wichtig. Hier über jedes Treffen zu schreiben, wäre zu lang.
Der emotionalste Moment war jedoch, als wir die 9-jährige Diana besuchten. Sie ist die uneheliche Tochter des verstorbenen Dr. Brenner, dem Gründer des Kindergartens für die Kinder vom Müll. Sie wuchs bis zum ihrem siebenten Lebensjahr in Deutschland auf und wurde liebevoll von Dr. Brenner und seiner Frau Antonia großgezogen.
Nach dem Tod Brenners musste die Kleine zurück nach Namibia zu ihrer leiblichen Mutter. Die Kleine lebt nun in der Hauptstadt Windhoek im Internat und am Wochenende bei Verwandten in einem sehr schönen Haus. Ihre „Mama“ Antonia aus Deutschland gab mir ein Paket mit. Dieses brachten wir am Sonntag vorbei. Die kleine Diana freute sich wahnsinnig, wartete schon seit Tagen ungeduldig auf uns. Auf dem Weg ins Haus sagte die Kleine ganz traurig und leise: „Ich vermisse Antonia.“ Ich erinnerte mich sofort an mein letztes Telefonat mit Antonia, als sie mir auch unter Tränen immer wieder sagte, wie sehr sie die Kleine vermisst. Das Herz tat mir weh – was für eine Tragik. Die richtige Mutter bestand darauf, ihr Kind wieder in Namibia zu haben, und nun sitzt dieses allein und ohne Mutter in Namibia bei Verwandten. Wir erzählten Diana wer wir sind und dass wir den Kindergarten, den ihr Papa einst gründete, übernommen haben. Sie war neugierig und fragte uns viel, aber dann wollte sie unbedingt Antonia anrufen. Vor Aufregung konnte sie gar nicht viel reden, Antonia auch nicht, sie weinte, und ich konnte Antonia am Telefon auch nicht viel sagen. Wenn man selbst Mama und Oma ist, kann man sich gut in das Gefühl hineinversetzen. Ein Kind sieben Jahre großzuziehen und dann abzugeben … Ich war sehr froh, dass wir uns die Zeit für den Besuch genommen haben. Die Verwandten sind sehr nett, und wohl auch etwas wohlhabend, und wir hatten den Eindruck, dass es Diana trotz allem hier gut geht. Der deutsche Testamentsvollstrecker hat das Paket mit einem Handy u.v.m. ergänzt. Danke!
Nachmittags trafen wir uns mit Leuten aus dem hiesigen Lions Club ganz privat und familiär zuhause. Für uns auch mal cool zu sehen, wie so Menschen hinter den Mauern mit Stacheldraht leben. Hier in Windhoek stehen fast alle Wohnhäuser hinter dreifach gesicherten Mauern. Die Angst vor Überfällen ist hier sehr groß, und es bedarf unheimlich vieler Sicherheitsvorkehrungen. Das Ergebnis unseres Treffens: Der hiesige Lions Club unterstützt uns bei unserem Projekt!
Gestern war ein verrückter Tag. Wir hatten zwei feste Termine. Den ersten mit dem Architekten in der Baufirma, den zweiten bei der Anwaltskanzlei des verstorbenen Dr. Brenner.
Der erste Termin ging in die Hose, der Architekt hatte sich den Termin falsch eingetragen. Im Hinblick auf unsere wenige Zeit, die wir hier im Land haben, war das ein Desaster. Wir haben die Baufirma ohne Architekt besucht. Eine moderne Fabrik nach europäischen Maßstäben. Mit denen können wir bauen! Wir müssen ja am Ende mit Sorgfalt prüfen, dass unser „Steinegeld“ auch wirklich gut verbaut wird.
Danach sind wir in ein großes modernes Shoppingcenter gefahren und haben neue Tische, Stühle und Spiele für den Kindergarten gekauft. Die Kinder werden sich freuen. Und dann all die Mitbringsel aus Deutschland!
Zweiter Termin mit dem Anwalt. Ging auch in die Hose! Der schaute uns total entgeistert an, was wir von ihm wollten. Er wusste von keinem Termin, noch von irgendwelchen Terminvereinbarungen. Ich kann mich nur wiederholen, im Hinblick auf unsere wenige Zeit die wir hier im Land sind, ein Desaster. Erst als ich ihm seine eigenen E-Mails zum Lesen gab, war ihm klar, dass er aus dieser Nummer nicht mehr rauskam. Er musste sich mit uns an einen Tisch setzen, er musste all unsere unzähligen Fragen beantworten. Wir nutzten sein schlechtes Gewissen wegen des versemmelten Termines und fragten ihn aus, was das Zeug hielt, und Cordula schrieb, was das Zeug hielt. Am Ende wussten wir mehr als wir wissen wollten. Eine Stunde Rechtsberatung kostet normalerweise ca. 120,00 €! Diese war für Null. Danke.
Danach sind wir zufrieden und hoch motiviert in den Norden gefahren. Unser Ziel: Okahandja, die Stadt, in der wir unseren Kindergarten bauen werden. Zunächst sind wir in unsere Unterkunft gefahren. Wir teilen uns einen kleinen Bungalow mit einem Bad. Hier merkt man wo man ist: In Afrika! Am besten, man setzt seine Brille nicht auf, dann sieht man all den Schmutz und das Getier nicht. Geckos, Falter, Riesenameisen, Käfer … Mehrmals in der Nacht hüpfte mir oder uns ein Krabbeltier übers Gesicht. Zum Glück schlafen wir hier nur zwei Nächte. Aber das Allerschlimmste – und wer mich kennt, weiß welches Tier für mich das Allerschlimmste ist – hier schleicht eine Katze umher. Sie sorgte gestern mehrfach für Adrenalin-Schocks und spontane Aufschreie bei mir. Egal wo ich oder wir saßen, ob Terrasse oder Restaurant – sie war überall.
Heute waren wir nun endlich bei den Kindern. Viele, viele Impressionen, aber darüber morgen mehr. Die Katze sitzt schon wieder vor unserem Bungalow …